Am frühen Morgen des 4. Dezember 1943 erlebte Leipzig den bisher dahin verheerendsten Bombenangriff. Das hervorragende Buch Leipzig brennt enthält viele Augenzeugenberichte und Fotografien.
Auch Lotte und ihre Familie erleben diesen Angriff. Sie hat den Nachmittag bei ihren Eltern verbracht, in friedlicher Atmosphäre und mit – soweit unter den Umständen möglich – ein wenig vorweihnachtlicher Stimmung. Auf dem Heimweg muß sie eine monumentale Gewissensentscheidung treffen, bevor der Bombenangriff sie, das Hausmädchen Frieda und Lottes Kinder Agnes und Friedrich vor ganz neue Herausforderungen stellt.
Lotte wälzte sich noch lange schlaflos im Bett, überlegte, ob sie anders hätte handeln sollen und fragte sich, wo Dorchen sein mochte. Als sie endlich einschlief, träumte sie in wirren Fetzen von Dorchen, der Gestapo und wie als Kontrast vom friedlichen Nachmittag im Hause ihrer Eltern. Das nur allzu bekannte Sirenengeheul riss sie aus dem Schlaf.
„Zwischen drei und vier Uhr, wie immer,“ murmelte Lotte schlaftrunken. Wären die Kinder nicht gewesen, wäre sie einfach liegengeblieben; sie nahm an, dass die Bomber auf dem Rückweg von Berlin waren. Dann hörte sie einen Knall und für eine Sekunde schien das ganze Haus zu beben. Lotte sprang aus dem Bett, aus dem Kinderzimmer drang das Weinen von Friedrich. Sie traf gleichzeitig mit Frieda im Kinderzimmer ein, wo sie die Kinder an die Hand nahmen. Im Flur zog Lotte sich und den Kindern hastig die Mäntel über, während ein schrilles Pfeifen von draußen zu vernehmen war.
„Koffer!“ rief Frieda. Sie griff mit einer Hand einen der Koffer, mit der anderen nach Friedrich, der sich eine kleine Tasche genommen hatte. Die Abläufe waren nach jahrelangen Luftalarmen automatisch, trotz der Angst. Weiterlesen „Die Schönaus und Leipzig III: Bombenangriff 1943“ →