Das historische Frankfurt, Teil 2

Und es geht weiter durch das Frankfurt des 19. Jahrhunderts

GESCHICHTLICHESWALLENFELSDEUTSCHLANDFRANKFURT

Der Römerberg

Teil 1 unserer historischen Wanderung durch Frankfurt hat uns bis zur Paulskirche geführt. Von ihr ist es nicht weit zu Frankfurts wohl berühmtesten Platz: dem Römerberg. Er ziert fast jeden Artikel, fast jeden Bucheinband über Frankfurt, was genau der Grund ist, aus dem er auf den Wallenfels-Einbänden nicht zu sehen ist. Frankfurt ist so viel mehr als der Römerberg. Allerdings sind er und der Römer selbst sicher eine der charakteristischsten Ansichten der Stadt. Doch was ist der Römer eigentlich? Das aus drei miteinander harmonierenden Häusern bestehende Ensemble ist schon seit sechshundert Jahren das Rathaus der Stadt Frankfurt und der Schauplatz zahlreicher historischer Ereignisse. Die Kaiserkrönungen wurden hier gefeiert, wichtige Gäste zeigen sich auch heute hier auf dem Balkon der Menge, die für Frankfurt demütigende Annexion der Stadt durch Preußen wurde hier 1866 – vor einem denkbar unbeeindruckten Publikum – verkündet, wie ich in Der Wahrheit Flamme beschrieb:

Ida ließ ihre Blicke über die überschaubare Menschenmenge vor dem Römer schweifen. „Das Interesse an diesem bedeutsamen Tag scheint gering zu sein. Man sollte meinen, die wirtschaftlich denkenden Bankiers und Kaufleute würden begreifen, welche Chancen ihnen durch die Verbindung mit Preußen erwachsen, anstatt sich wie schmollende Jungen zu verhalten.“
Ein gutgekleideter Herr warf ihr einen verächtlichen Blick zu. „Verbindung? Einverleibung!“ Er deutete auf die hohen Fenster, hinter denen der Kaisersaal lag, in welchem die Übernahme Frankfurts gleich offiziell verkündet werden würde. „Die Vertreter der Stadt wurden einbefohlen, um sich anzuhören, wie Preußen unsere Stadt verschlingt. In dem Saal, in dem wir einst die Kaiser krönten!“
Ida öffnete den Mund, aber der Mann eilte nach einem weiteren wütenden Blick auf sie in den Römer.

Ein Paar ging vorbei, die Frau deutete auf die preußischen Soldaten, die sich auf dem Platz direkt vor dem Römer aufgestellt hatten, um die Menge in Abstand zu halten. „Da stehen sie, wie bereit zur Schlacht.“
„Ja, die öffentliche Hinrichtungsfeier Frankfurts. Gehen wir weiter, ich kann das nicht mit ansehen.“
Die Leute, die sich vor dem Römer versammelt hatten, trugen düstere Mienen und strahlten Feindseligkeit aus. Sie waren als Zeugen des traurigen Endes einer Epoche hier.

Ein junger Mann murmelte: „Und jede Äußerung gegen dieses Verschlingen ist jetzt Hochverrat. Das zeigt schon, wie sie die Knute schwingen werden.“
„Man kann sich gar nicht vorstellen, wie man hier noch leben soll. Viele sind schon fort, im Haus meines Onkels stehen zahlreiche Wohnungen leer, er sagte, der Grundbesitz verliere schon an Wert. Das wird Frankfurts dunkelste Zeit.“
Ida sog die Luft ein, schwieg aber. Es waren nicht die einzigen Bemerkungen dieser Art, die in der Menge ausgetauscht wurden. Sie wurden gedämpft ausgesprochen, gingen in der Gruppe unter, so dass insgesamt ein dumpfes Schweigen über den versammelten Menschen lag, welches beredter als jede hörbare Äußerung war.

Proklamation der Annexion der Freien Stadt Frankfurt durch Preußen am 8. Oktober 1866 Bleistiftzeichnung von Johann Heinrich Hasselhorst. Historisches Museum, Frankfurt, gemeinfrei

Klemens gähnte. Die Fenster zum Kaisersaal waren geöffnet, aber man hörte kaum etwas von dort.
„Was machen die da drin jetzt?“
„Sie verlesen die Proklamation.“
„Und wie lange dauert das?“
Ida zuckte mit den Schultern.
Die Menge wartete fast eine Stunde, dann drang aus den offenen Fenstern ein schwaches Geräusch und die schwarz-weiße Fahne Preußens wurde auf dem Römer aufgezogen. Eine Frau brach in Tränen aus und auch einige andere Zuschauer hatten die Köpfe gesenkt oder drückten Taschentücher auf die Augen. Ein einziger Hochruf erklang auf dem Platz, wurde aber von einem vielstimmigen ärgerlichen Brummen und Zischen übertönt. Mehrere sahen sich verärgert um, wer den Hochruf ausgestoßen hatte, aber es war nicht ersichtlich.
Der junge Mann, der eben mit seinem Begleiter gesprochen hatte, deutete auf die offenen Fenster. „Der Hochruf dort drinnen scheint auch nicht von vielen erwidert worden zu sein, gehört hat man jedenfalls nichts.“
Die Soldatenkapelle setzte ein und die Menge zerstreute sich. Man hatte die freie Stadt Frankfurt zu Grabe getragen. Feiern wollte man dies auf keinen Fall.

So mancher Zuschauer wird an jene großen Zeiten gedacht haben, in denen die Freie Stadt Frankfurt der Ort war, an dem die deutschen Kaiser gekrönt wurden. Das letzte Ereignis dieser Art fand 1792 statt. Achtundzwanzig Jahre zuvor war der vierzehnjährige Johann Wolfgang von Goethe Zeuge der Krönung Josephs II., der mit dem entfalteten Pomp wenig anfangen konnte. Goethe dagegen war auch ohne Krönungsfeierlichkeiten schon von den erhabenen Hallen des Römers und ihrer Rolle beeindruckt und schildert in Dichtung und Wahrheit:

Aber größeren Reiz hatte alles, was sich auf Wahl und Krönung der Kaiser bezog. Wir wußten uns die Gunst der Schließer zu verschaffen, um die neue, heitre, in Fresko gemalte, sonst durch ein Gitter verschlossene Kaisertreppe hinaufsteigen zu dürfen. Das mit Purpurtapeten und wunderlich verschnörkelten Goldleisten verzierte Wahlzimmer flößte uns Ehrfurcht ein. Die Türstücke, auf welchen kleine Kinder oder Genien, mit dem kaiserlichen Ornat bekleidet, und belastet mir den Reichsinsignien, eine gar wunderliche Figur spielen, betrachteten wir mit großer Aufmerksamkeit und hofften wohl auch noch einmal eine Krönung mit Augen zu erleben. Aus dem großen Kaisersaale konnte man uns nur mit sehr vieler Mühe wieder herausbringen, wenn es uns einmal geglückt war, hineinzuschlüpfen; und wir hielten denjenigen für unsern wahrsten Freund, der uns bei den Brustbildern der sämtlichen Kaiser, die in einer gewissen Höhe umher gemalt waren, etwas von ihren Taten erzählen mochte.
(…)
Mit vieler Begierde vernahm der Knabe sodann, was ihm die Seinigen so wie ältere Verwandte und Bekannte gern erzählten und wiederholten: die Geschichten der zuletzt kurz auf einander gefolgten Krönungen. Denn es war kein Frankfurter von einem gewissen Alter, der nicht diese beiden Ereignisse, und was sie begleitete, für den Gipfel seines Lebens gehalten hätte.

Als nun 1764 die Krönung Josephs II. anstand, zeigt sich, wie sorgfältig die Bildung im Hause Goethe gepflegt wurde:

Kaum war ich zu Hause angekommen, als mein Vater mich berufen ließ und mir die Eröffnung tat, es sei nun ganz gewiß, daß der Erzherzog Joseph zum Römischen König gewählt und gekrönt werden solle. Ein so höchst bedeutendes Ereignis müsse man nicht unvorbereitet erwarten und etwa nur gaffend und staunend an sich vorbeigehen lassen. Er wolle daher die Wahl- und Krönungsdiarien der beiden letzten Krönungen mit mir durchgehen, nicht weniger die letzten Wahlkapitulationen, um alsdann zu bemerken, was für neue Bedingungen man im gegenwärtigen Falle hinzufügen werde. Die Diarien wurden aufgeschlagen, und wir beschäftigten uns den ganzen Tag damit bis tief in die Nacht (…).

Schon Goethes Beschreibungen der Präliminarien bersten vor beobachteter Pracht und man kann sich gut vorstellen, welches Selbstbewusstsein die Stadt daraus zog, Schauplatz dieser Krönungen zu sein. Ganz profan gesehen wurde den Frankfurtern auch hinsichtlich Speis und Trank einiges geboten, wie Goethe zu berichten weiß:

Der Krönungstag brach endlich an, den 3ten April 1764; das Wetter war günstig und alle Menschen in Bewegung. Man hatte mir, nebst mehrern Verwandten und Freunden, in dem Römer selbst, in einer der obern Etagen, einen guten Platz angewiesen, wo wir das Ganze vollkommen übersehen konnten. Mit dem frühsten begaben wir uns an Ort und Stelle und beschauten nunmehr von oben, wie in der Vogelperspektive, die Anstalten, die wir Tags vorher in näheren Augenschein genommen hatten. Da war der neuerrichtete Springbrunnen mit zwei großen Kufen rechts und links, in welche der Doppeladler auf dem Ständer weißen Wein hüben und roten Wein drüben aus seinen zwei Schnäbeln ausgießen sollte. Aufgeschüttet zu einem Haufen lag dort der Haber, hier stand die große Bretterhütte, in der man schon einige Tage den ganzen fetten Ochsen an einem ungeheuren Spieße bei Kohlenfeuer braten und schmoren sah. Alle Zugänge, die vom Römer aus dahin und von andern Straßen nach dem Römer führen, waren zu beiden Seiten durch Schranken und Wachen gesichert. Der große Platz füllte sich nach und nach, und das Wogen und Drängen ward immer stärker und bewegter, weil die Menge wo möglich immer nach der Gegend hinstrebte, wo ein neuer Auftritt erschien und etwas Besonderes angekündigt wurde.

Münzen wurden überreichlich in die Menge geworfen – oder wie Goethe es nannte: dem Pöbel wurde ein Opfer gebracht …

Der von dem Markt her ertönende Jubel verbreitete sich nun auch über den großen Platz, und ein ungestümes Vivat erscholl aus tausend und aber tausend Kehlen, und gewiß auch aus den Herzen. Denn dieses große Fest sollte ja das Pfand eines dauerhaften Friedens werden, der auch wirklich lange Jahre hindurch Deutschland beglückte.

Ein Jubel, der in interessantem Kontrast zu der zu Recht frostigen Reaktion auf die Annexion 102 Jahre später steht.

Goethe berichtet mit einer interessanten Mischung aus Pathos („Wir sehen die irdische Majestät vor Augen, umgeben von allen Symbolen ihrer Macht; aber indem sie sich vor der himmlischen beugt, bringt sie uns die Gemeinschaft beider vor die Sinne. Denn auch der einzelne vermag seine Verwandtschaft mit der Gottheit nur dadurch zu betätigen, daß er sich unterwirft und anbetet.“), Beschreibung und Ernüchterung:

Der junge König hingegen schleppte sich in den ungeheuren Gewandstücken mit den Kleinodien Karls des Großen wie in einer Verkleidung einher, so daß er selbst, von Zeit zu Zeit seinen Vater ansehend, sich des Lächelns nicht enthalten konnte. Die Krone, welche man sehr hatte füttern müssen, stand wie ein übergreifendes Dach vom Kopf ab. Die Dalmatika, die Stola, so gut sie auch angepaßt und eingenäht worden, gewährte doch keineswegs ein vorteilhaftes Aussehen. Scepter und Reichsapfel setzten in Verwunderung; aber man konnte sich nicht leugnen, daß man lieber eine mächtige, dem Anzuge gewachsene Gestalt, um der günstigern Wirkung willen, damit bekleidet und ausgeschmückt gesehen hätte.

Auch im Römersaal war die Prachtentfaltung ein wenig angeschabt. Viele Landesherrn blieben der Krönung fern, trotzdem waren aber dem Ritus folgend ihre Plätze eingedeckt und jeder Gang wurde für jeden Platz aufgetragen, ganz gleich, ob dieser besetzt oder leer war. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, das Erste Reich, lag bereits in seinen letzten Zügen. Zweiundvierzig Jahre später würde es einen leisen Tod sterben. 1871 wird ihm das Zweite Reich folgen, zu dem auch die Geschehnisse in Frankfurt 1866 (zu denen ich einen eigenen Artikel schreiben werde) beigetragen hatten. Das ruch- und ruhmlose Dritte Reich würde einen Großteil des Landes und auch Frankfurts in Schutt und Asche legen. Der Römer wurde ebenfalls zerstört, war aber immerhin noch erkennbar.

Schon 1950 war viel Aufbauarbeit am Römer geleistet worden, 1952 war diese so gut wie abgeschlossen.

Römer 1947, Daviidos, Creative Commons, Wikipedia

1955 wurde das Ensemble feierlich neu eröffnet. Von außen originalgetreu wiederhergestellt, innen waren allerdings viele Veränderungen vorgenommen worden – es war nun schlichter, übersichtlicher. Die Rekonstruktion war von vielen Diskussionen begleitet worden; Diskussionen, die sich auf alle zerstörten Bereiche Frankfurts erstreckten und, wie ich am Anfang von Teil 1 dieses Artikels erwähnte, dazu führten, dass scheußliche Bausünden an die Stelle kunstvoller Gebäude traten. Deshalb dauerte es über sechzig Jahre, bis Frankfurt seine Altstadt zurückbekam – oder vielmehr eine neue Altstadt bekam. Joseph II. und die anderen in Frankfurt gekrönten Kaiser hätten den Weg, den sie nach ihrer Krönung vom Dom zum Römer zurücklegten, in Nachkriegszeiten nicht wiedererkannt, hätte er sie doch an der Abscheulichkeit des Technischen Rathauses vorbeigeführt. Ich weiß noch, wie unangenehm ich es immer fand, nach der Beschaulichkeit des Römers diesen seelenlosen Klotz zu sehen.

Römer in den 1950er Jahren, KKB, Creative Commons, Wikipedia

Die Altstadt

Als ich davon erfuhr, daß Frankfurts Altstadt neu aufgebaut werden sollte, hatte ich zuerst Sorge, es würde künstlich aussehen – welche Seele können brandneue Gebäude, selbst wenn sie auf alt getrimmt sind, schon haben? Würde die Altstadt die sterile Süßlichkeit Disneylands aufweisen? Ich war mit diesen Bedenken nicht allein und sicher wirkte das kleine Areal zwischen Dom und Römerberg, bestehend aus zwei Sträßchen und dem überschaubaren Platz Hühnermarkt direkt nach seiner Fertigstellung noch recht steril. Mittlerweile aber ist es ein belebtes Viertel mit allerlei Läden und Lokalen, sündhaft teuren Wohnungen und einer durchaus natürlichen Atmosphäre. Es wurde viel Wert auf Details und Naturtreue gelegt und diese im Rahmen der Möglichkeiten eingehalten. Fotos der alten und neuen Altstadt zeigen dies. Meine Familie Wallenfels und alle, die Frankfurt vor der Zerstörung kannten, würden dieses Viertel sofort wiedererkennen. Es ist natürlich aufgehübscht, die Gebäude sind brandneu, das sieht man ihnen an und sie haben nichts von dem vernachlässigten Verfall, welcher die Frankfurter Altstadt schon Jahrzehnte vor ihrer Zerstörung befallen hatte. Sie war nämlich keineswegs pittoresk, als Wohnviertel nicht begehrt, im Gegenteil. Umso mehr es die Frankfurter nach Schleifung ihrer Stadtmauern aus jenem engen Bereich mit seinen mittelalterlichen Häusern und dunklen, stinkenden Gassen hinauszog, desto mehr wurde die Altstadt zum Slum. Selbst der repräsentative Römer verfiel zunehmend.

Im ersten Buch der Wallenfels-Trilogie erlebt die wohlbehütete Tochter der Familie Wallenfels durch unglückliche Umstände auf erschreckende Weise, wie verkommen und durchaus auch gefährlich die Altstadt sein konnte:

Die Gassen um den Römerberg waren schon fast dunkel. Der Gestank nach ungewaschenen Menschen, brackigem Wasser, verkochtem Essen und Unrat hing wie ein Pesthauch in ihnen. Aus einer Schenke drang gröhlendes Gelächter. Eine dürre Frau in einem abgetragenen Kleid mit erschreckend tiefem Dekolleté zischte Johanna, die sich im Halbdunkel vortastete und versuchte, nicht in Unrat zu treten, an: „Des is mein Revier. Verschwinde!“ Ihr zwischen einigen bräunlichen Zähnen hervorstoßender Atem roch faulig. Johanna prallte zurück.
(…)
Es wanderten zahlreiche Männer herum, ebenso einige Frauen und Johanna verstand schon bald, welche Art Geschäfte hier gemacht wurden. Angewidert sah sie ein Paar gerade mal zwei Schritte in eine kleine Nebengasse verschwinden, bevor sie mit dem begannen, was sie für einige Momente und im Austausch einiger Münzen zusammengebracht hatte. Als ihr bewusst wurde, was sie hier tat, hätte sie sich am liebsten losgerissen, aber sie hatte mittlerweile nicht mehr die geringste Ahnung, wo sie sich befand, nur, dass es in einem Teil der Altstadt war, in dessen tiefe Abgründe sie noch nie geblickt hatte.
(…)
Im ersten Tageslicht sah die Gasse vor ihr weniger furchteinflößend aus. Einige Leute waren mit müden Augen unterwegs zu ihrem jeweiligen Tageswerk, eine Frau leerte einen Nachttopf aus einem Fenster. Die Fassaden der schmalen, spitzen Fachwerkhäuser sahen noch mitgenommener aus als in anderen Teilen der Altstadt, an manchen Stellen war der Putz abgebröckelt, das Holz wurmstichig und verwittert.

Heute kann man wesentlich entspannter durch die Altstadt gehen und auf dem Weg zum Dom am Haus zur Goldenen Waage bewundern, wie sorgfältig die Gebäude der neuen Altstadt errichtet wurden. Das ursprünglich Anfang des 17. Jahrhunderts erbaute Haus eines wohlhabenden Kaufmanns wurde im Krieg zerstört, allerdings nicht so schwer, daß ein Wiederaufbau nicht möglich gewesen wäre. Trotzdem wurde es abgerissen. Die Baugeschichte zeigt übrigens, daß die Probleme des 17. Jahrhunderts sich von den heutigen gar nicht so sehr unterscheiden: Nachbarn klagten, weil das Gebäude angeblich zu hoch und breit war, Material wurde nicht rechtzeitig geliefert und nicht alle Arbeiten wurden zur Zufriedenheit des Bauherrn vorgenommen, wodurch sich die Fertigstellung verzögerte und zusätzliche Kosten entstanden. Heutige Bauherren werden verstehend nicken.

Zur Goldenen Waage, eigenes Bild

Der Dom

Zum 3. und letzten Teil des historischen Frankfurtspaziergangs geht es hier.

Wenn man die Goldene Waage erreicht hat, ist man auch schon fast am Dom. Auf alten Bildern Frankfurts erhebt sich sein Turm weit über die restliche Stadt, wie zum Beispiel auf dem um 1820 entstandenen Bild von Anton Radl, „Ansicht der Stadt Frankfurt vom Mühlberg“, welches das Titelbild von „Der Freiheit Kraft“ ziert. Mittlerweile geht er angesichts der Skyline fast unter, aber vom Sachsenhäuser Ufer aus kann man die Skyline wortwörtlich links liegen lassen und sieht ihn über die Altstadt ragen. Dem sorgfältigen Beobachter wird auffallen, daß der Domturm auf ebenjenen alten Bildern anders aussieht als heute – ihm fehlte die Spitze, was ihm damals den Spitznamen „Schlafmütze“ einbrachte. Geplant war er anders – nämlich so, wie man ihn heute sieht –, doch wurde nach 99 Jahren Bauzeit der Turm im Jahre 1514 ohne die geplante Spitze fertiggestellt. 1867 stand der Dom in Flammen und erhielt im Wiederaufbau dann die vierhundert Jahre zuvor geplante Spitze. Die genauen Hergänge um Brand und Wiederaufbau habe ich hier berichtet. Auch in diesem Artikel findet sich eine gute Beschreibung der Bautätigkeit im Mittelalter.