Speziallager Nr. 2 – Buchenwald, 1945 – 1950

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Eine auf der eigenen Familiengeschichte beruhenden historischen Roman zu schreiben, macht die Recherche über eine ohnehin so dunkle Epoche manchmal noch schwerer, denn hier spielt eine persönliche Komponente mit hinein. Das habe ich unter anderem bei der Recherche zum Speziallager Buchenwald sehr gemerkt. Ich war noch ein Kind, als meine Großtante erwähnte, daß ihr Ehemann nach dem Krieg dort interniert gewesen wäre und das „nach dem Krieg“ hat mich verwirrt, denn ich wußte nicht, daß sich die Geschichte mancher Lager auch in die Nachkriegszeit hinein erstreckte. Als junge Erwachsene fand ich in Buchenwald dazu auch keine Hinweise – die Dauerausstellung zum Speziallager wurde erst 1997 eröffnet. Während der DDR-Zeit wurde diese dunkle Zeit der Weiternutzung des Lagers völlig totgeschwiegen.

Als ich später mit meiner Großtante ein wenig mehr über das Thema sprach, war ich überrascht, wie wichtig es ihr war, mir zu erklären, dass ihr Mann in der Nazizeit nicht involviert war – kein Parteimitglied, Anhänger des Regimes, sondern ein ganz seinem Thema verhafteter Geisteswissenschaftler, der „keiner Fliege was zuleide tun konnte“. Was, nach allem was ich sonst hörte, auch stimmte, ich konnte nur nicht verstehen, warum meiner Großtante diese Klarstellung so wichtig war, denn ich hatte ohnehin keine Annahme in der Richtung getroffen oder ausgesprochen. Auch das verstand ich erst, als ich mich mit der Geschichte des Speziallagers und dem späteren Umgang damit zu DDR-Zeiten näher befaßte. Die Internierungen wurden unter dem Vorwand der Bestrafung von Naziverbrechern durchgeführt und jenen, die ihre Internierung überlebten und nachher in der DDR blieben, haftete das Stigma weiterhin an.

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Zwei Tage in Weimar

Ich hatte das Glück, einen ganz hervorragenden Deutschlehrer zu haben. Er hatte das Talent, Wissen so zu vermitteln, dass man fast mühelos und mit viel Spaß lernte. Als dann in der Oberstufe Goethes Faust an die Reihe kam, hat sich wahrscheinlich trotzdem kaum jemand darauf gefreut, war es doch für uns der Inbegriff des alten sperrigen Stückes. Goethe als Begriff war überall präsent, aber natürlich hatte keiner von uns schon etwas von ihm gelesen. Wer liest schon freiwillig Goethe? Dank meines Lehrers kann ich heute freudig ausrufen: Ich! Und zwar liebend gerne und immer wieder! Er hat uns sowohl Goethe wie auch seinen Faust ganz lebendig gestaltet, richtig nahegebracht und in mir eine seitdem bestehende Verehrung für den guten alten Geheimrat erweckt. Wenn ich heute Bücher über Faust lese, dann erkenne ich vieles, was unser Deutschlehrer uns damals gesagt hat. Den Faust selbst habe ich damals sicher noch nicht so erfasst wie ich es gerade beim neuerlichen Lesen tat, aber dass es ein wundervolles Werk war, das habe ich damals schon erkannt (und meinem armen Lehrer bittere Vorwürfe gemacht, als es in der Abiturprüfung nachher nicht um Goethe ging, sondern um eine grauslige moderne Kurzgeschichte).

Und so wollte ich ganz dringend nach Weimar, was dann sogar die Wahl des Studienortes beeinflusste. Was war am nächsten? Jena, also kam das auf Platz eins, danach Halle und Leipzig. Zum Glück wurde es Jena, was zudem auch vor dem Krieg schon ein wenig unsere „Familienuniversität“ war, denn die (wenigen) studierenden Familienmitglieder gingen alle nach Jena. Das lag für die Vorfahren auch nicht weit, stammte die Familie doch aus Thüringen, sogar ganz aus der Nähe von Weimar. Für mich war es damals schon eine weitere Reise vom Ruhrgebiet, aber ich zog frohen Mutes nach Thüringen und habe es nicht bereut. Weimar lag so herrlich nahe und ich besuchte es oft. Nun ist es weniger oft, aber deshalb trotzdem immer wieder ein Erlebnis. Einen Besuch dort kann ich jedem nur nahelegen. Weiterlesen „Zwei Tage in Weimar“